Dissertationsprojekte in der Musiktheorie


Laufende Dissertationsvorhaben

»Können wir von einem amerikanischen Passacaglia-Prinzip sprechen?« Untersuchung und Vergleich von spezifischen Gestaltungsmerkmalen der barocken Passacaglia an Beispielen US-Amerikanischer Komponisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Betreuer:   Prof. Dr. Dr. Benjamin Lang

Abstract:

Das Dissertationsprojekt untersucht formale und kontrapunktische Prinzipien der amerikanischenPassacaglia-Kompositionen im Lichte ihrer Wiederbelebung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Fokus liegt dabei auf Beispielen wichtiger Vertreter amerikanischer Musik wie z.B. Aaron Copland, Walter Piston und Roy Harris. Amerikanische Komponisten nutzten die Passacaglia als Grundlage, indem sie ältere, gattungsgeschichtliche Elemente in einen künstlerischen Dialog einbanden, wodurch Rückgriff, Transformation und Innovation fusionierten. Diese Werke zeigen zwar Heterogenität in Besetzung und Stilistik, durchbrechen aber gängige gattungsspezifische Muster. Durch den Einsatz eines moderneren harmonischen Vokabulars und dissonanten Kontrapunkts entstanden Werke von raffinierter Struktur. Um diese Beobachtungen musiktheoretisch zu beleuchten, werden in dieser Arbeit Methoden kombiniert, die konstituierende architektonische und kontrapunktische Prinzipien analytisch fassen, sodass darauf basierend Ähnlichkeiten in Technik und Gestalt der Kompositionen herausgearbeitet werden können. Neben einer modifizierten Pitch Class Theory und Prozessorientierter Analyse wird auch der von Charles Seeger propagierte Dissonant Counterpoint kritisch herangezogen, um die zugrundeliegenden Kompositionstechniken der Passacaglien verständlich zu machen. Der Kern der Untersuchung zielt darauf ab, eine spezifisch amerikanische Lesart der barocken Passacaglia zu illustrieren. Darüber hinaus will die Studie die Bedeutung dieser wiederbelebten polyphonen Gattung in der amerikanischen Musikgeschichte als bedeutendes Vehikel für den individuellen Ausdruck hervorheben. Letztlich soll diese Studie eine Forschungslücke schließen, indem sie den Blick auf ein kompositorisches Mittel erweitert, das das barocke Modell und die damit assoziierten Satztechniken direkt mit dem amerikanischen Innovationsgedanken verbindet.

»Irrationally Functional Harmony«. Ausprägungsformen eines kompositionsstilistischen Phänomens in Thomas Adès’ neo-tonal geprägten Werken

Betreuer:   Prof. Dr. Dr. Benjamin Lang

Abstract:

Das Dissertationsvorhaben untersucht die Kompositionsstilistik des britischen Komponisten Thomas Adès, welcher zwar in Großbritannien ausgesprochen populär, in Deutschland aber noch nicht sonderlich bekannt ist. Nicht nur wird seine Musik hierzulande selten aufgeführt, auch deutschsprachige Publikationen zu dem Komponisten sind rar gesät. Adès’ Personalstil evoziert häufig widersprüchliche Bezeichnungen und auch der Tonsatz scheint geprägt von einem Zusammenspiel polarer Techniken: zwar lassen sich zwölftönige oder serielle Strukturen nachweisen, doch erklingen diese häufig in flüchtigen, tonal anmutenden Kontexten. Ziel der Arbeit wird es sein, Adès’ widersprüchlichen Stil anhand von werkspezifischen Analysemethoden besser zu verstehen, und zu erforschen, in wie fern sich jene flüchtigen tonal anmutenden Kontexte im Notentext manifestieren. Ein im Rahmen der Arbeit entwickelter Analyseansatz, der von der Rezeption dieser Kontexte ausgeht, wird darum den Ausgangspunkt bilden. Ein Abgleich mit der Analyse des Notentextes soll aufzeigen, wie jener Höreindruck im Tonsatz der Werke entsteht. Derlei Ergebnisse und Analyseansätze lassen sich ebenfalls auf weitere neo-tonal geprägte Stile der Neuen Musik anwenden.