Dissertationsprojekte in der Musikpädagogik


Laufende Dissertationsvorhaben

Fächerverbindung? Eine Analyse der Curricula für den Musikunterricht in der Sekundarstufe I des Gymnasiums in den deutschen Bundesländern im Zeitraum vom 3.10.1990 bis 3.10.2020

Betreuer:   Prof. Dr. Oliver Krämer

Abstract:

Musik fest eingebunden in den Fächerkanon und direkt verknüpft mit anderen Fachbereichen: So stellt es sich nicht nur in der Antike dar, sondern auch in späteren Jahrhunderten; Musik als eine der tragenden Säulen von Bildung und Erziehung. Und wie sieht die Gegenwart aus? In den Stundentafeln der allgemeinbildenden Schulen wird Musik meistens zurückgedrängt, oft sogar gestrichen, lediglich spezielle Musikgymnasien haben ein zusätzliches Stundenkontingent für Musikunterricht. Doch auch dort wird die Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen, die enge Verzahnung von Musik mit Mathematik, mit Sprachen, mit Geschichte, mit Politik (um nur einige zu nennen) nur selten in den Lehrplänen verbindlich vorgegeben.

Dies genauer zu analysieren, ist Gegenstand des ersten Teils des Dissertationsvorhabens; untersucht werden die Musik-Curricula der Sekundarstufe I des Gymnasiums in den deutschen Bundesländern im Zeitraum 3.10.1990 bis 3.10.2020. Innerhalb dieser 30 Jahre spiegeln die Musik-Curricula die politische und somit auch bildungspolitische Entwicklung wider, sie zeigen neue Denkansätze und Entwicklungen in der Musikpädagogik und folglich auch diverse Umbrüche in den methodisch-didaktischen Ansätzen für Musikunterricht. Betrachtet werden soll der historische Wandel in den Curricula anhand des Aspekts der Fächerverbindung, hier in der Bedeutung der Zusammenarbeit von verschiedenen Unterrichtsfächern.

Im Anschluss an den Forschungsteil sollen Perspektiven entwickelt werden, Basis wird die gymnasiale Schulstruktur der Sekundarstufe I sein. Für die konzeptionellen Vorschläge werden Fächerverteilung und Stundentafel des Landes Niedersachsen gemäß gültiger Erlasslage und Stundentafel zur Grundlage genommen, besondere Unterrichtsformate wie Projektunterricht sollen bewusst ausgeklammert werden. Der Grund dafür sind Organisation und Realisierbarkeit: Das Konzept soll nicht in schulorganisatorische Strukturen eingreifen, es soll mit sehr geringem Aufwand umsetzbar sein.

Thematisierung von Musik mit rechtsextremen Inhalten im Musikunterricht der Sekundarstufe I. Eine Design-based Research-Studie

Betreuer:   Prof. Dr. Oliver Krämer; Prof. Dr. Yvonne Wasserloos

Abstract:   

Rechtsextremismus ist ein Thema, das nicht nur den gesellschaftswissenschaftlichen Bereich der Schulfächer betrifft, sondern auch im Musikunterricht aufgegriffen werden kann. Musik und Politik bzw. die Wirkung von Musik sind Themen der Sekundarstufe I und II und können als Schnittstellen dienen.

Im Kontext des Forschungsvorhabens soll in mehreren Zyklen ein Fortbildungssetting entwickelt werden, in dem Musiklehrende der Sekundarstufe I dabei unterstützt werden, eigenes Unterrichtsmaterial bzw. eigene Unterrichtsstunden zum Thema Musik mit rechtsextremen Inhalten zu gestalten. Des Weiteren wird der Frage nachgegangen, welche Chancen der musikpädagogische Blick auf das Thema bietet und welche konkreten Bedürfnisse vonseiten der Lehrenden bestehen.

Selbsttätigkeit in musikpraktischen Einheiten im Musikunterricht

Betreuer:    Prof. Dr. Oliver Krämer

Zentrale Fragestellung: Welche Bedingungen müssen gegeben sein, dass gruppenbezogene, musikpraktische Einheiten im Musikunterricht selbsttätig funktionieren?

Abstract:

Die Fähigkeit, eigenverantwortlich und selbsttätig zu handeln, ist eine ganz zentrale Zielorientierung für die Bildungslandschaft allgemein. In diesem Zusammenhang ist auch die Forderung an Schulen relativ eindeutig: Kinder und Jugendliche sollen darin gefördert werden, eine mündige, vielseitig entwickelte Persönlichkeit¹ auszubilden, welche sich auch in der “Selbstständigkeit ihrer Entscheidungen und Handlungen”² äußert, sodass “die Schülerinnen und Schüler befähigt werden, aktiv und verantwortungsvoll am sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben teilzuhaben”³.  

Neben dem Aspekt, dass Lernprozesse allgemein nur selbstgesteuert ablaufen können, “weil Menschen kognitiv autonome Wesen sind”4, liegt zudem speziell in Bezug auf musikpraktische Kontexte die Vermutung nahe, dass die Selbstständigkeit bzw. das Selbst-Tätigwerden überhaupt erst die Grundlage für einen musikalischen Lernprozess darstellt. Schülerinnen und Schüler sind in jeder Form des Musizierens mit Körper und Geist beteiligt und müssen daher wegen des Lerngegenstands an sich (der Musik) selbst tätig werden.  

Unter welchen Bedingungen Selbsttätigkeit in musikpraktischen Einheiten im Musikunterricht möglich ist und wie bzw. ob sich diese reproduzieren lassen, ist Thema des Promotionsvorhaben von Benjamin Hecht. Um diese Bedingungen zu ergründen, wird eine empirische Untersuchung angestrebt, welche mit Video Stimulated Recalls in Interviews arbeitet. Kinder und Jugendliche aber auch Lehrkräfte werden mit Aufnahmen aus dem eigenen Unterricht konfrontiert, welche Impulse zur Reflexion über selbigen liefern sollen. In einer zweiten Phase soll versucht werden, die Bedingungen in einem künstlichen Design zu reproduzieren.

Quellenverweise:

  1. Vgl. Land Mecklenburg-Vorpommern (Hg.):Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz - SchulG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2010, §2, Absatz 1.
  2. Ebd., Absatz 2.
  3. Ebd.
  4. Martina Krause-Benz (2018): Die Antriebdimension des Musiklernens. In: Wilfried Gruhn, Peter Röbke (Hrsg.): Musiklernen. Bedingungen-Handlungsfelder-Positionen. Esslingen: Helbling Verlag, S. 120.

Der Beitrag mobiler digitaler Medien zum musikalischen Lernen und Handeln in heterogenen Lerngruppen

Betreuer:   Prof. Dr. Oliver Krämer

Abstract:

Mobile digitale Medien sind ein wesentliche Bestandteil der Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern. Zudem sind die Digitalisierung und der Umgang mit Heterogenität zentrale Themen in der deutschen Bildungspolitik.

Für den schulischen Einsatz digitaler Medien im Rahmen des produktiven Umgangs mit Musik liegen zahlreiche Praxisbeiträge sowie einige wissenschaftliche Arbeiten vor. Publikationen zum Einsatz mobiler digitaler Medien im Musikunterricht unter dem Gesichtspunkt des individualisierten Lernens liegen bisher nicht vor. Das Forschungsvorhaben setzt an ebendieser Schnittstelle an und geht der Frage nach, welchen Beitrag zur inneren Differenzierung mobile digitale Medien beim Erschließen von Musik im Rahmen des schulischen Musikunterrichts leisten können.

Die theoretische Grundlage des Forschungsvorhabens bildet die Diskussion der bestehenden Definitionen für die zentralen Begriffe mobile digitale Medien, Heterogenität sowie musikalisches Lernen und Handeln in der deutschsprachigen Musikpädagogik und der allgemeinen Pädagogik. Weiterhin erfolgt die Klassifikation der Hardware mobiler digitaler Medien und ein Vergleich verschiedener Ansätze zur Klassifikation der Software digitaler Medien im musikpädagogischen Diskurs wird vorgenommen.

Die Ergebnisse dienen als Basis für die weitere Entwicklung und Erprobung konkreter Konzepte zur inneren Differenzierung im Musikunterricht mithilfe mobiler digitaler Medien im Rahmen anderer Forschungsprojekte.

Kirchenmusikalische Bildung und Erziehung – Die Chancen einer interdisziplinären und generationsübergreifenden Musikpädagogik im kirchengemeindlichen Kontext

Betreuer:   Prof. Dr. Oliver Krämer

Abstract:

Kirchenmusik wird in vielen Religionen und Glaubensgemeinschaften praktiziert und gepflegt. Eine außergewöhnliche Stellung hat sie in den beiden größten deutschen Konfessionen, der römisch-katholischen Kirche Deutschland und der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Anzahl der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Musiker*innen ist einmalig und daher ein wichtiger Bestandteil der Musikkultur und Brauchtumspflege in Deutschland.
Kirchenmusik ist in all ihrer Vielseitigkeit durch die Interaktion von Mensch und Musik charakterisiert. In Aneignungs- und Vermittlungsprozessen werden Perspektiven der kirchenmusikalischen Erziehung, Bildung, des Lernens und des Unterrichts erschlossen. Das Dissertationsvorhaben entspringt dem Problem, dass die reichhaltigen kirchenmusikalischen Arbeitsfelder heute neuer Modelle und zusätzlicher praktischer Anregungen bedürfen.
Die Nordkirche wie auch andere Gliedkirchen der EKD haben erkannt, dass die Säule der Kirchenmusik die ausstrahlungsstärkste Kraft kirchlichen Lebens ist. Sie trägt und gestaltet in ihrer Ausübung eine große Anzahl kirchlicher und kultureller Veranstaltungen. Sie wird als unverzichtbare Basisarbeit verstanden und anerkannt. Kirchenmusik fragt nicht nach konfessioneller Zugehörigkeit, sie verbindet und begeistert Menschen im musikalischen Tun und hat die Kraft, Gesellschaften über gemeinsames Musizieren zu verbinden und zusammenzuhalten.

Im Rahmen einer aktuellen Forschung soll folgenden Fragen nachgegangen werden:

  • In welchem Verhältnis stehen Allgemeinbildung und kirchenmusikalische Bildung?
  • „Kirchenmusik“ oder „Musik in der Kirche“ – Ist ein Spannungsfeld existent?
  • Ist Kirchenmusik bewertungsfrei? – Wie wird mit Leistung umgegangen?
  • Integration und Inklusion durch Kirchenmusik?
  • Befördert Kirchenmusik das bildungspolitische Ziel des „Lebenslangen Lernens“?

Ziel soll es sein, die Vielseitigkeit, die Herausforderungen und die Chancen kirchenmusikalischer Gemeindearbeit aufzuzeigen sowie den Studierenden der Kirchenmusik im Neben- oder Hauptamt eine wertvolle Hilfe zur Bewältigung des Studiums und des Berufsalltages zur Verfügung zu stellen.
Die Ausarbeitungen sollen sich keineswegs ausschließlich auf den innerkirchlichen Gebrauch beschränken. Sie erlauben vielmehr einen Einblick in die Kirchenmusikpraxis und eröffnen Möglichkeiten der überinstitutionellen Zusammenarbeit. Sie sollen den Blick für eine verbindende und zukunftsgerichtete Musikvermittlung, sowohl gemeindlich als auch übergemeindlich, eröffnen.


Abgeschlossene Dissertationsprojekte

Maximilian Piotraschke: Gefühle im Musikunterricht – Eine hermeneutische Studie zur Relevanz leiblicher Affektivität für musikpädagogisches Denken und Handeln, online veröffentlicht bei RosDok 2022.